Bio-Winzer aus Leidenschaft

(für die Rubrik „Portrait“ in köstlich vegetarisch 5/2014)

Bereits in elfter Generation führt Peter Jakob Kühn sein Weingut in Oestrich-Winkel. Mit seiner Familie betreibt er im hessischen Rheingau eine natürliche Weinwirtschaft, ganz in Harmonie mit der Natur. Das Ergebnis sind weltweit anerkannte Spitzenweine.

Hier bühen Malven, Korn- und Ringelblumen, Bienen summen zwischen den Blüten. Nein, wir sind nicht auf einer sommerlichen Wiese unterwegs, sondern mitten im Weingut von Peter Jakob Kühn. „So setzen wir der Monokultur etwas entgegen, das ist gut für die Böden, die Insekten und auch fürs Auge“, erklärt der Weinbauer, der gezielt die Reihen zwischen den Rebstöcken begrünt. Mit seiner Familie und acht Angestellten bewirtschaftet der Hesse im Rheingau rund 21 Hektar Fläche. Dabei setzt er komplett auf eine natürliche Arbeitsweise nach Demeter-Richtlinien.

Neben den farbenfrohen Grünstreifen schafft er auch viel Platz für Kompost. „Er ist das Wichtigste für einen lebendigen Boden“, betont Kühn und greift beherzt in einen Haufen, „eine Hand voll Erde beherbergt mehr Lebewesen als Menschen auf der Erde leben!“ Daher zählt die Kompostarbeit zu den zentralen Aufgaben des Winzers. Er vermengt es mit Stroh, Laubholz & Co. und ergänzt das Gemisch schließlich auf bio-dynamische Weise mit einem Präparat aus verschiedenen Pflanzen, unter anderem Löwenzahn, Kamille, Brennnessel und Baldrian. Ganze zwei Jahre dauert es, bis ein großer Kompostberg auf die Hälfte seines Gewichtes verrottet und zu feiner, nährstoffreicher Erde wird. „Diese Lebendigkeit der Erde ist die Basis für gesunde Weinreben“, erläutert der erfahrene Winzer.

Vor rund zehn Jahren hat er seinen Betrieb bewusst auf biologische Bewirtschaftung umgestellt – aus Verantwortungsgefühl für folgende Generationen und aus Liebe zur Natur. Dabei orientiert er sich an den Anbaumethoden von früher, als man Pestizide und Fungizide noch nicht kannte und eine ökologische Arbeitsweise ganz selbstverständlich war. Seine Reben schützt der Weinexperte auf behutsame Weise mit einem Gemisch aus Kupfer und Schwefel vor Krankheiten. Die schonende Pflege und die natürliche Düngung sieht man den Trauben an: „Sie sind nicht so dick und prall, sondern eher entspannte, hellgrüne Beeren“, erzählt Kühn. Auch bei der weiteren Verarbeitung kommt neben kleineren Mengen an Schwefel (ein natürlicher Konservierungsstoff) nur der reine Wein zur Reifung ins Fass. Dies ist beachtlich, wenn man bedenkt, dass in der konventionellen Produktion mehrere hundert Zusatzstoffe zum Aufbessern und Stabilisieren von Wein zulässig sind.

Die Natürlichkeit, Zeit und Ruhe, die die Reben zum Gedeihen bekommen, zeigt sich nicht zuletzt auch im hervorragenden Geschmack des Weins. „Ein guter Wein entsteht im Kopf. Er muss Tiefgang haben und trotzdem fein sein“, erklärt Kühn, während er einen Schluck seines trockenen Rieslings vom Doosberg nimmt. Die Spitzenweine seines Prädikatweinguts sind in der ganzen Welt begehrt, die Kunden bestellen aus Amerika, China und Russland. Besonders stolz ist Kühn jedoch auf den Zuspruch kritischer Weinkenner aus Italien, Spanien und Frankreich, die das einzigartige Aroma seines Rieslings schätzen, dessen Trauben in vergleichsweise kühlen Lagen mehr Zeit zum Reifen haben.