Tee-Delikatesse Pu-Erh

(für die Rubrik „Teestunde“ in Bärnd-Mag #4, 2016)

Wie Wein lagern ihn Liebhaber über viele Jahre lang, bis er sein volles Aroma entfaltet. Diesmal stellen wir euch Pu-Erh vor, einen ganz exklusiven Vertreter der Tee-Familie.

Es gibt ihn als eckige Ziegel, runde Fladen oder kleine Kugeln: den fermentierten Pu-Erh-Tee. Sein Geheimnis liegt in dem besonderen Reifungsprozess. Die zunächst grünen Blätter werden kompakt gepresst und über eine lange Zeit unter strenger Kontrolle gelagert. In dieser Zeit setzt die Nachfermentation ein, die Pu-Erh so einzigartig macht. Dabei unterscheidet man zwischen der natürlichen, trockenen Reifung (Sheng), die mindestens fünf Jahre dauert – und von Kennern als traditionelle Herstellungsweise besonders geschätzt wird – und der künstlichen, feuchten Reifung (Shou), die nur wenige Monate in Anspruch nimmt. Beide Verfahren können zu einer ähnlich guten Qualität des Tees führen. Wesentlicher Unterschied ist jedoch, dass der natürlich gereifte Tee weiterreifen kann. Dagegen ist der beschleunigt hergestellte Tee bereits zu Ende gereift. Bis zu 150 Jahre alt kann ein traditionell fermentierter Pu-Erh übrigens sein und für mehrere tausend Euro erworben werden. Oft gilt: Je älter der Tee, desto besser, ähnlich wie es bei gutem Wein oder Whiskey der Fall ist. Denn erst durch die jahrzehntelange Reifung gelangt Pu-Erh zu seinem weichen, herb-erdigen, leicht rauchigem Aroma, das auch süßliche und säuerliche Nuancen hat oder fein an Blüten, Moos und Hölzer erinnert. Genauso wie die lange Reifung beeinflussen aber auch das Anbaugebiet und die Erntezeit die Qualität des Tees. Angebaut und hergestellt wird Pu-Erh ausschließlich in der südchinesischen Provinz Yunnan. Hier wachsen die ältesten Teebäume. Anders als bei den meisten kleinen Teesträuchern sind diese Bäume hoch und ihre Blätter wesentlich größer und ledriger. Die ältesten Bäume in dieser Region haben schon 800 Jahre auf dem Buckel, wobei es auch ein uraltes Exemplar geben soll, das fast 2000 Jahre zählt und als König unter den Teebäumen verehrt wird. Geerntet werden die Blätter jeweils einmal im Frühling, im Sommer und im Herbst, auch wenn die Frühjahrsernte die besten Qualitäten hervorbringt. In China setzt man vor allem auf die heilende Wirkung des Tees: Unter anderem soll er verdauungsfördernd und magenberuhigend wirken, aber auch giftige Stoffe aus dem Körper ausschwemmen.

Pu-Erh muss nicht nur von guter Qualität sein, er sollte auch auf den Punkt aufgegossen werden. Ist es nicht der Fall, schmeckt das Getränk schnell muffig und bitter. Während wir sonst Tee gemächlich mit heißem Wasser übergießen und ihn je nach Sorte bis zu mehreren Minuten lang ziehen lassen, geht es beim Pu-Erh um Sekunden. Unsere Tipps, wie ihr euch an den Tee heranwagen könnt:

Einkauf: Pu-Erh, auch ein nicht jahrhundealter, ist eine relativ teure Angelegenheit. Für unter zehn Euro pro 100 Gramm solltet ihr keinen Pu-Erh kaufen, denn zu groß ist die Gefahr, dass es sich um eine Fälschung oder einen Tee minderer Qualität handelt. Wendet euch beim Einkauf am besten an einen Teehändler eures Vertrauens oder einen guten Online-Shop – bisschen stöbern lohnt sich, um die Welt des Pu-Erh zu entdecken.

Zubereitung: Eine kleine Menge vom Pu-Erh-Kuchen abbrechen bzw. abschneiden und sie in ein kleines Kännchen geben. Mit optimalerweise 90-95°C heißem Wasser zügig übergießen, zehn Sekunden ziehen lassen und schnell wieder abgießen. Dieser erste Aufguss wird nicht getrunken, sondern soll den Tee „aufwecken“. Beim folgenden Aufguss, den ihr nun genießen könnt, verfahrt ihr genauso, dabei müsst ihr die Ziehzeit selbst herausfinden. Fangt bei fünf Sekunden an und steigert euch je nach Geschmack auf bis zu etwa 30 Sekunden. Wirklich wichtig ist es, den Tee schnell auf- und abzugießen, sonst verlängert dieser Prozess gleichzeitig die Ziehzeit.

Lagerung: Den Rest des Teekuchens bewahrt ihr am besten luftdicht und kühl auf, wenn ihr nicht möchtet, dass sich sein Geschmack verändert. Soll der Tee jedoch weiter reifen, dann müsst ihr ihn von der Sonne geschützt an einem Ort fern von Fremdgerüchen lagern, wo eine gute Luftzirkulation herrscht. Zu empfehlen ist die Lagerung bei hoher Luftfeuchtigkeit, da sie sie Fermentation erst richtig voranbringt. Es macht also einen großen Unterschied, ob ihr einen zehn Jahre alten Pu-Erh holt, der im feuchten Klima Hong Kongs gelagert wurde oder unter keinen besonderen Bedingungen in Berlin.