(Text für die Rubrik „Würzschule“ in köstlich vegetarisch 5/2018)
Wacholder duftet so intensiv, wie kaum ein anderes Gewürz und erinnert an Spaziergänge durch herbstliche Nadelwälder. Wir zeigen, was die Beeren besonders macht und dass sie in der vegetarischen Küche mehr können, als nur Sauerkraut zu aromatisieren.
Kleines Porträt
Räucherstrauch, Machandelbaum oder Zypresse des Nordens: Wacholder kennt man unter vielen Namen. Er gedeiht je nach Lage als immergrüner Strauch oder als ein bis zu zwölf Meter hoher Baum in Europa, sowie in nördlichen Regionen Amerikas, Afrikas und Asiens. Der „Gemeine Wacholder“ ist dabei weltweit das einzige Nadelholz, welches ein Gewürz hervorbringt. Nur alle zwei bis drei Jahre reifen an dem Zypressengewächs die uns bekannten Wacholderbeeren, die botanisch gesehen kugelige Fruchtzapfen sind. Im Mittelalter schätzte man sie als Arznei, seit dem 17. Jahrhundert aromatisieren die Beeren Spirituosen wie Gin & Co. Erst danach gewann Wacholder als Küchengewürz an Bedeutung. Die zerstoßenen Beeren duften würzig nach Harz und Nadelbäumen, schmecken leicht pfeffrig, bitter-süßlich und haben feine Aromen, die an Zitrusfrüchte und Flieder erinnern.
Passende Partner
Eins steht fest: Kohl und Wacholderbeeren sind ein perfektes Duo. Das herb-süße Gewürz gehört jedoch nicht nur ins klassische Sauerkraut, es passt auch prima zum Rotkohlsalat, zur Wirsingsuppe oder zum Weißkohlauflauf. Seine ätherischen Öle sorgen für einen herb-würzigen Geschmack und machen die deftigen Gerichte gleichzeitig bekömmlicher. Auch Ragouts aus Wurzelgemüse und Pilzen verleiht Wacholder zusammen mit Kümmel und Majoran ein harzig-frisches Aroma. Ganze Körner eignen sich zudem ideal in Kombination mit Knoblauch, Rosmarin und Thymian, um kräftige Rotwein-Marinaden für Tofu, Seitan und Sojaschnetzel zu zaubern oder um eingelegtes Gemüse zu würzen. Die dunklen Beeren harmonieren ebenfalls toll zu herzhaften und süßen Gerichten mit herbstlichem Obst. Nur wenige zerstoßene Beeren reichen aus, um Apfelkuchen, Quittengelee oder Birnenpunsch das gewisse Etwas zu verleihen.
Unsere 4 Würzgeheimnisse
1. Wegen seines intensiven Aromas sollte man Wacholder sparsam dosieren. Drei ganze oder zwei zerdrückte Beeren reichen in der Regel für eine Portion aus.
2. Verwenden Sie für Eintöpfe & Co., die lange köcheln, ganze Wacholderbeeren. Die Körnchen dafür in ein Sieb oder einen Teebeutel geben und vor dem Servieren entfernen.
3. Besonders würzig schmecken die Beeren, wenn man sie kurz vor dem Einsatz im Mörser zerstößt oder sie grob mit dem Messer hackt. So werden ihre ätherischen Öle optimal freigesetzt.
4. Zum Kochen und Braten immer etwas Öl oder Butter zugeben oder einen Schuss Wein oder Gin, da die Aromen der Wacholderbeeren sich am besten in Fett oder Alkohol lösen.